Wie stabil ist unsere Gesellschaft wirklich? Was hilft uns in Zeiten multipler Krisen weiter – Technokratie oder Verantwortung?
In meinem neuen Artikel analysiere ich die Debatte um gesellschaftlichen Kollaps, zentrale Denkfehler moderner Ethik und zeige, warum Prinzipien wie Subsidiarität und Hoffnung nicht nur für Staaten, sondern auch für Unternehmen strategisch relevant sind.
Ein Plädoyer für kulturelle Tiefe, menschenfreundliche Transformation – und ein anderer Blick auf strategische Zukunftsgestaltung.
Der Guardian hat kürzlich einen aufsehenerregenden Artikel über die Forschung von Luke Kemp zur Geschichte gesellschaftlicher Zusammenbrüche veröffentlicht. Es geht um die Frage, ob unsere globale Zivilisation vor dem Kollaps steht. Nicht als Science-Fiction, nicht als Übung in Alarmismus, sondern als historische Analyse. Und: Es geht um die systemischen Ursachen, die diesen Kollaps heute wahrscheinlicher denn je machen.
Eine der zentralen Thesen lautet: Wir steuern nicht zufällig auf den Abgrund zu. Wir gestalten ihn selbst.
Denn die hochkomplexen, zentralisierten Strukturen, die wir in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut haben – ob in Lieferketten, Finanzsystemen, Energiemärkten oder politischen Entscheidungsapparaten – sind zwar effizient, aber hochgradig fragil. Sie funktionieren in der Stabilität, nicht in der Krise. Und sie verlernen das Lokale, das Konkrete, das Persönliche.
Hier kommt ein Prinzip ins Spiel, das im politischen und ethischen Mainstream kaum mehr Beachtung findet: die Subsidiarität. Ursprünglich aus der katholischen Soziallehre stammend, hat es das Potenzial, systemische Resilienz, kulturelle Identität und menschliche Verantwortung neu zu verankern.
Subsidiarität meint: Was auf kleiner Ebene geleistet werden kann, soll nicht von oben übernommen werden. Verantwortung soll dort bleiben, wo sie ursprünglich liegt: bei Menschen, Familien, Gemeinden, Unternehmen. Es ist ein Gegenmodell zum technokratischen Steuerungsdenken: Vertrauen statt Kontrolle. Ermächtigung statt Entmündigung.
Kemp spricht im Artikel von der Notwendigkeit radikaler „Alterity“ – also des bewussten Andersseins: andere Formen von Machtverteilung, Wertorientierung, Zusammenleben. Das ist ein wichtiger Gedanke. Doch sein ethischer Vorschlag fällt ernüchternd aus: „Don’t be a dick.“
Sympathisch gemeint, aber: Das reicht nicht. Es ist keine Ethik, sondern ein Appell an Anstand. Aber:
Ethik ist mehr als die Abwesenheit des Bösen.
Sie braucht ein Ziel. Ein Verständnis vom Guten, vom Sinn, von Verantwortung. Sie braucht eine Vorstellung vom Menschen, die über Nützlichkeit, Konsens oder Effizienz hinausgeht. Genau das bietet die katholische Soziallehre: Personalität, Gemeinwohl, Verantwortung, Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit – nicht als Schlagworte, sondern als integriertes Denkmodell.
Und: Sie bietet etwas, das in Krisenzeiten besonders kostbar ist: Hoffnung.
Nicht als billige Vertröstung. Sondern als existenzielle Haltung, die anerkennt, dass der Mensch nicht alles machen, steuern, retten muss. Dass es erlaubt ist, Grenzen anzunehmen. Dass Verantwortung auch heißt, Dinge loszulassen. Hoffnung ist das Gegenteil von Kontrollwahn. Sie ist ein Schutz gegen Burnout, gegen Zynismus, gegen Überforderung.
Gerade in der aktuellen Debatte um „Systemwandel“, Transformation, Redesign der Gesellschaft wäre das heilsam: Weniger Machbarkeitsphantasie, mehr Demut. Weniger moralische Selbstüberforderung, mehr gemeinschaftliches Vertrauen.
Was bedeutet das für Unternehmen?
Auch Organisationen spüren die Brückenspannung zwischen Effizienzdruck und Sinnsuche, zwischen Transformationserwartung und kultureller Überforderung. Wer heute Strategie entwickelt, muss Kultur mitdenken. Wer Zukunft gestalten will, braucht ein stabiles Verständnis vom Menschen.
Hier kann die Soziallehre einen echten Beitrag leisten – auch für weltanschaulich neutrale Unternehmen. Denn sie bietet:
- ein ganzheitliches Menschenbild,
- ein tragfähiges Verständnis von Verantwortung,
- Prinzipien für glaubwürdige Nachhaltigkeit,
- und konkrete Anstöße für Kulturentwicklung und ethische Strategie.
Als Berater für wertebasierte Strategie- und Kulturentwicklung unterstütze ich Unternehmen dabei, diese Potenziale zu erschließen – ohne ideologischen Ballast, aber mit klarer Haltung.
Wer nicht nur Prozesse optimieren, sondern Menschen und Sinn integrieren will, ist herzlich eingeladen, mit mir ins Gespräch zu kommen. Ich freue mich auf Ihre Mail – Kontakt