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Nachhaltige Markenführung neu denken


Warum Marken mehr leisten müssen als Kommunikation

Nachhaltigkeit ist längst kein Nice-to-have mehr. Für viele Marken ist sie zur Pflichtaufgabe geworden – und zugleich zur größten Herausforderung: Konsument:innen fordern Orientierung. Regulierungsbehörden verlangen Transparenz. Und Investor:innen und Mitarbeitende erwarten nicht weniger als ein glaubwürdiges Bekenntnis zur Zukunftsfähigkeit.

Gleichzeitig aber zeigt sich in der Praxis ein widersprüchliches Bild: Es wird viel kommuniziert – von CO₂-Reduktion, Kreislaufwirtschaft, klimaneutralen Produkten oder sozialer Verantwortung. Doch was bedeutet das wirklich? Wie belastbar sind diese Aussagen? Und woran messen wir, ob eine Marke wirklich nachhaltig ist?

Gemeinsam mit meinem Kollegen Prof. Dr. Marc Kleinknecht habe ich genau hier angesetzt. In einem Beitrag für die Marketing Review St. Gallen haben wir ein Modell entwickelt, das nachhaltige Markenführung neu strukturiert – nicht entlang von Image oder Ästhetik, sondern entlang von Wirkung. Denn das ist unser zentrales Argument: Marken, die heute nachhaltig wirken wollen, brauchen mehr als gute Geschichten. Sie brauchen ein Konzept, das Handlung, Wirkung und Kommunikation sinnvoll verbindet.

Warum herkömmliche Ansätze nicht mehr ausreichen

Drei zentrale Herausforderungen bestimmen die aktuelle Situation:

Erstens: Nachhaltigkeitsleistung wird fast ausschließlich relativ bewertet – gegenüber dem Vorjahr, gegenüber dem Wettbewerb, gegenüber der eigenen Vergangenheit. Aber was heißt das im größeren Zusammenhang? Reicht es, 5 % CO₂ einzusparen, wenn das globale Ziel 1,5 Grad heißt? Wird eine Verpackung nachhaltig, nur weil sie aus recyceltem Kunststoff besteht? Ohne Kontext wird Nachhaltigkeit zur Rhetorik. Fortschritt zur Illusion.

Zweitens: In vielen Unternehmen agieren Nachhaltigkeit und Marketing in getrennten Welten. Hier die ESG-Expert:innen, die regulatorisch, risikoorientiert und strategisch denken. Dort die Markenverantwortlichen, die emotionalisieren, differenzieren und Zielgruppen erreichen wollen. Das Ergebnis: Kommunikationsbruch. Greenwashing-Risiko. Und verschenktes Potenzial.

Drittens: Es fehlt ein strategisches Rahmenmodell, das Markenführung im Nachhaltigkeitskontext wirklich integriert denkt. Viele Organisationen wollen Nachhaltigkeit glaubwürdig kommunizieren – wissen aber nicht, wie sie diese Leistung operationalisieren, strukturieren und sichtbar machen können.

Die Lösung: Das Scope-Modell nachhaltiger Markenführung

In unserer Arbeit schlagen wir daher ein neues Modell vor: Vier Wirkungsebenen (Scopes), inspiriert von der Logik des Greenhouse Gas Protocols, übertragen auf die Welt der Marken. Das Modell strukturiert nachhaltige Markenführung entlang realer Handlungsebenen – von der internen Substanz bis zur gesellschaftlichen Wirkung.

🔹 Scope 1 – Performance:

Hier geht es um das Fundament. Was tut das Unternehmen konkret? Welche Maßnahmen werden umgesetzt? Welche Emissionen reduziert? Welche Standards erfüllt? Ohne belastbare Nachhaltigkeitsleistung ist jede Kommunikation hohl.

🔹 Scope 2 – Co-Creation:

Nachhaltige Marken entstehen nicht im Alleingang. Sie sind das Ergebnis von Zusammenarbeit – mit Mitarbeitenden, Lieferanten, NGOs oder staatlichen Akteuren. Co-Creation heißt: Nachhaltigkeit wird gemeinsam gestaltet, nicht nur behauptet.

🔹 Scope 3 – Consumer Empowerment:

Was bewirkt die Marke beim Kunden? Fördert sie bewussten Konsum? Vermittelt sie Wissen? Erleichtert sie Reparatur, Rückgabe oder Recycling? Eine nachhaltige Marke befähigt – und wird so zur Partnerin auf dem Weg zu einem anderen Konsumverhalten.

🔹 Scope 4 – Enablement:

Scope 4 ist die weiteste Ebene: die gesellschaftliche. Hier zeigt sich, ob Marken über sich hinaus wirken. Ob sie Haltung zeigen, Narrative prägen, Diskurse anstoßen, Innovationen inspirieren. Wer hier sichtbar wird, übernimmt kulturelle Verantwortung.

Wirkung macht den Unterschied

Unser Modell hilft, Markenführung neu auszurichten – nicht gegen klassische Markenlogiken, sondern ergänzend. Es baut Brücken: zwischen Nachhaltigkeitsmanagement und Kommunikation, zwischen internem Anspruch und externer Glaubwürdigkeit, zwischen Wirkung und Erzählung. Vor allem aber hilft es dabei, die Sprache der Nachhaltigkeit und die Sprache der Marke miteinander zu verbinden – verständlich, überprüfbar, anschlussfähig.

Wer Markenführung heute ernst meint, muss Wirkung mitdenken. Und wer Nachhaltigkeit ernst meint, braucht Marken, die diesen Wandel sichtbar machen können – aber eben auf Basis einer überprüfbaren Substanz.

Sind Sie bereit für den nächsten Schritt?

• Haben Sie eine klare Vorstellung davon, welchen Beitrag Ihre Marke zur nachhaltigen Entwicklung leistet?

• Können Sie glaubhaft zeigen, dass Ihre Green Claims auch regulatorisch belastbar sind?

• Wissen Ihre Mitarbeitenden, wie Nachhaltigkeit Teil der Markenidentität ist?

• Haben Sie eine Markenstrategie, die mehr leistet als Differenzierung?

📩 Wenn nicht – oder nicht mit gutem Gefühl – lade ich Sie ein, mit mir ins Gespräch zu kommen. Ich berate Unternehmen, Organisationen und Agenturen auf Basis des Scope-Modells. Ob in Workshops, Strategieprozessen oder als Sparringpartner – gemeinsam machen wir Ihre Marke zukunftsfähig.

➡️ Mehr zum Beratungsangebot finden Sie hier.

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Sustainability Basics: Green Claims Directive

In einer Welt, die zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit legt, hat die Europäische Union die Green Claims Directive eingeführt, um den wachsenden Bedarf an Transparenz und Wahrhaftigkeit in Umweltaussagen zu adressieren. Dieser Artikel bietet Unternehmen einen detaillierten Überblick über diese neue Richtlinie, erklärt ihre Bedeutung und skizziert, was in Zukunft von Unternehmen erwartet wird.

Was ist die Green Claims Directive? Die Green Claims Directive ist eine Initiative der Europäischen Union, die darauf abzielt, falsche oder irreführende Umweltbehauptungen zu bekämpfen. Sie stellt sicher, dass alle Umweltaussagen – sei es in der Werbung, auf Verpackungen oder in anderen Kommunikationsmitteln – wahrheitsgetreu, klar und nachweisbar sind. Die Directive gilt für alle Unternehmen, die ihre Produkte oder Dienstleistungen in der EU vermarkten, mit Ausnahme kleiner Unternehmen.

Warum gibt es die Green Claims Directive? Angesichts des steigenden Bewusstseins und Interesses der Verbraucher an nachhaltigen Produkten, hat die EU erkannt, dass es entscheidend ist, ein vertrauenswürdiges und transparentes Umfeld zu schaffen. Die Directive soll „Greenwashing“ verhindern – eine Praxis, bei der Unternehmen ihre Produkte fälschlicherweise als umweltfreundlicher darstellen, als sie tatsächlich sind. Diese Maßnahme soll das Vertrauen der Verbraucher in grüne Behauptungen stärken und gleichzeitig die Unternehmen dazu anregen, echte nachhaltige Praktiken zu fördern.

Hauptmerkmale der Directive

  • Wahrheit und Klarheit: Alle Umweltaussagen müssen auf Fakten basieren und dürfen den Verbraucher nicht in die Irre führen.
  • Vollständige Lebenszyklusanalyse: Produkte und Dienstleistungen müssen in Bezug auf ihre gesamten Umweltauswirkungen bewertet werden, von der Herstellung bis zur Entsorgung.
  • Wissenschaftliche Fundierung: Behauptungen müssen auf der neuesten Wissenschaft und anerkannten Methoden basieren.
  • Transparenz: Unternehmen müssen bereit sein, ihre Umweltbehauptungen zu belegen und relevante Informationen auf Anfrage zur Verfügung zu stellen.

Was wird von Unternehmen erwartet?

  1. Überprüfung und Anpassung von Umweltaussagen: Unternehmen müssen ihre aktuellen Marketingstrategien überprüfen und sicherstellen, dass alle Umweltaussagen den neuen Vorgaben entsprechen.
  2. Implementierung von Nachhaltigkeitspraktiken: Die Directive ermutigt Unternehmen, über ihre Marketingstrategien hinaus nachhaltige Praktiken in ihre Geschäftsmodelle zu integrieren.
  3. Bereitstellung von Nachweisen: Unternehmen müssen in der Lage sein, ihre Umweltaussagen durch wissenschaftliche Beweise und Studien zu stützen.
  4. Fortlaufende Compliance und Überwachung: Es wird erwartet, dass Unternehmen die Einhaltung der Richtlinien kontinuierlich überwachen und ihre Praktiken entsprechend anpassen.

Die Green Claims Directive ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer nachhaltigeren und transparenteren Wirtschaft. Sie bietet nicht nur Schutz für Verbraucher, sondern schafft auch einen Anreiz für Unternehmen, authentische und wirksame Nachhaltigkeitspraktiken zu verfolgen. In Zukunft wird von Unternehmen erwartet, dass sie nicht nur ihre Marketingstrategien anpassen, sondern auch einen ganzheitlichen Ansatz für Nachhaltigkeit in ihren Geschäftsmodellen verfolgen. Durch die Einhaltung dieser Richtlinien können Unternehmen nicht nur regulatorischen Anforderungen gerecht werden, sondern auch als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit agieren und somit ihr Image und ihre Glaubwürdigkeit bei den Verbrauchern stärken.

Die Green Claims Directive ist ein entscheidender Schritt nach vorne in der europäischen Umweltpolitik. Für Unternehmen bedeutet dies eine Chance, sich als verantwortungsbewusste und zukunftsorientierte Akteure zu positionieren. Durch die Einhaltung der Richtlinien können sie das Vertrauen der Verbraucher gewinnen und einen wertvollen Beitrag zum Umweltschutz leisten.