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Warum wir glauben, die anderen hassen uns – und was das über Deutschland verrät

Es gibt kaum ein Thema, dass mich in den letzten Jahren so umtreibt und auch beunruhigt, wie die zunehmende gesellschaftliche Spaltung, die zum Glück – zumindest in Deutschland im realen Leben längst nicht so weit fortgeschritten ist, wie in der medialen Welt der unsozialen Medien. Trotzdem frage ich mich immer wieder:

Warum sind Konflikte so schwer zu lösen, selbst wenn beide Seiten profitieren würden? Die Antwort darauf ist meist so simpel wie deprimierend – und auch nicht neu. Weil wir glauben, die anderen hassen uns – während wir selbst nur aus Liebe handeln.

Und auch die Wissenschaft hat dieses Phänomen bereits vor langer Zeit erkannt und beschrieben. Eine Studie aus dem Jahr 2014 zeigt: Genau diese Selbsttäuschung treibt unlösbare Konflikte an. Und sie erklärt uns auch (teilweise, denn natürlich ist dieses Problem, wie immer multikausal), warum auch Deutschland gerade in eine Spirale der gegenseitigen Dämonisierung gerät.

Die Sozialpsychologen Adam Waytz, Liane Young und Jeremy Ginges untersuchten, warum Konflikte zwischen Gruppen so häufig unlösbar werden – selbst dann, wenn rationale Kompromisse in Reichweite liegen. Ihre Antwort: weil wir die Motive der anderen Seite systematisch falsch verstehen (wollen?).

Die Forscher sprechen von einer „motive attribution asymmetry“, einer asymmetrischen Zuschreibung von Motiven. Wir sehen uns selbst als Verteidiger des Guten – die anderen als Feinde des Guten. Menschen interpretieren das eigene Handeln als Ausdruck von Liebe, Fürsorge oder moralischem Engagement, während sie das Handeln der Gegenseite als Ausdruck von Hass, Bosheit oder Zerstörungswillen deuten. Genau diese moralische Asymmetrie, so Waytz und seine Kollegen, trägt maßgeblich zur Verhärtung politischer und gesellschaftlicher Konflikte bei.

Die empirische Grundlage war beeindruckend: In fünf Teilstudien, durchgeführt in mehreren Ländern, darunter den USA und Israel/Palästina, bestätigte sich das Muster über kulturelle Grenzen hinweg. Republikaner und Demokraten, Israelis und Palästinenser beschrieben ihre eigene Gruppe als motiviert von „Liebe zum Eigenen” und die Gegenseite als motiviert von „Hass auf uns”.

Ein Beispiel macht den Mechanismus greifbar: Israelis sagten, sie verteidigten ihr Land aus Liebe zu Israel – Palästinenser hingegen, so glaubten sie, griffen aus Hass auf Israel an. Die Palästinenser selbst sagten exakt das Umgekehrte. Beide Seiten sahen sich als liebevoll handelnd, die andere als hasserfüllt.

Je stärker diese verzerrte Zuschreibung war, desto geringer war die Bereitschaft, zu verhandeln oder an eine friedliche Lösung zu glauben. Besonders interessant war der fünfte Teil der Untersuchung: Wenn Teilnehmende einen Anreiz bekamen, die Motive der anderen Seite möglichst genau einzuschätzen – etwa in Form eines kleinen Geldbonus für korrekte Urteile –, verringerte sich die Verzerrung signifikant. Wer zur Genauigkeit motiviert wurde, traute der Gegenseite plötzlich auch „gute” Beweggründe zu, und der eigene Pessimismus über den Konflikt nahm ab.

Die Forscher vermuten dahinter eine Form psychologischer Selbstverteidigung. Wir wollen uns selbst als moralisch integer erleben, und es fällt uns schwer, dieselbe Integrität auch den Gegnern zuzuschreiben. Hinzu kommen Wahrnehmungseffekte: Die „liebenden” Handlungen der eigenen Gruppe sind uns vertraut, die der Gegenseite oft unsichtbar. Was wir sehen, sind ihre Angriffe, Parolen, Empörungsausbrüche – die Momente, in denen sie uns bedrohen. So entsteht ein Bild der feindlichen Motivation, das die eigene Aggression moralisch rechtfertigt und den Kreislauf der Abwertung fortsetzt.

Natürlich ist der Mechanismus komplexer, als ihn eine Umfrage erfassen kann. Menschen handeln selten nur aus Liebe oder Hass – meist aus einer Mischung von Sorge, Angst, Loyalität und Überzeugung. Und in Situationen extremer Gewalt oder ideologischer Verhärtung mag der Effekt schwächer sein. Dennoch: Der Mechanismus ist klar, reproduzierbar und theoretisch tiefgreifend.

Seit der Veröffentlichung ist viel weitergeforscht worden. Studien von Van Baar, Hughes und anderen belegen, dass der Effekt mit wahrgenommener Bedrohung zunimmt: Je stärker sich eine Gruppe bedroht fühlt, desto eher sieht sie in der Gegenseite feindselige Motive. In der neueren Polarisierungsforschung gilt die Zuschreibungsasymmetrie heute als Teil eines größeren Mechanismus affektiver Polarisierung – jener emotionalen Entfremdung, die politische Gegner nicht mehr als legitime Andersdenkende, sondern als moralisch minderwertig erscheinen lässt. Forschungen zeigen zudem, dass auch Medienökonomien und algorithmische Verstärker diese Dynamik verschärfen: Empörung wird belohnt, Differenzierung nicht.

Was aber hat das mit Deutschland zu tun?

Sehr viel. Denn genau dieses Muster prägt inzwischen auch unseren gesellschaftlichen Diskurs.

Ein Beispiel: Viele Klimabewegte sehen sich als Schützer künftiger Generationen – und ihre Gegner als egoistische Leugner. Viele Kritiker der Klimapolitik sehen sich als Verteidiger von Wohlstand und Freiheit – und die Aktivisten als naiv-autoritäre Moralisten. Beide glauben, aus Liebe zu handeln. Beide glauben, die anderen handelten aus Hass. Progressive und Konservative, Städter und Landbewohner, alle sehen sich selbst als die Seite der Vernunft, der Verantwortung, der Liebe zum Guten. Die anderen handeln aus Hass, sagen wir – aus Zynismus, Bosheit, Ignoranz. In Wahrheit handeln sie meist aus derselben Mischung aus Sorge, Angst und Bindung, die auch uns antreibt, nur in andere Richtungen.

In der politischen Sprache lässt sich diese moralische Asymmetrie täglich beobachten. Begriffe wie „Klimaleugner” oder „Woke-Mob” dienen nicht der Aufklärung, sondern der moralischen Distanzierung. Sie erklären nicht, sie erklären weg. Sie ersetzen das Verstehen des anderen durch seine Abwertung. Und genau das – so die Lehre der Studie – ist der Moment, in dem Konflikte unlösbar werden.

Was also tun? Waytz und seine Kollegen fanden, dass schon kleine „Genauigkeitsanreize” den Bias mildern. Übertragen heißt das: Wir brauchen in der öffentlichen Kommunikation Strukturen, die präzises, wohlwollendes Interpretieren fördern. In der Wissenschaft nennt man das „best faith interpretation“ oder auch „charitable reading“: den Versuch, eine Position zunächst so stark und plausibel wie möglich darzustellen, bevor man sie kritisiert. Man könnte diesen Grundsatz in Schulen, Medien und politischen Debatten systematisch einüben – als Handwerk, nicht als Moralpredigt.

Ein Beispiel: In einer Talkshow müsste jede Diskutantin die Position der Gegenseite so zusammenfassen, dass diese sich darin wiedererkennt, bevor das eigene Argument beginnt. In Bürgerräten oder politischen Dialogforen könnte man Prämien oder Anerkennungspunkte für faire, nachvollziehbare Wiedergaben fremder Positionen einführen. Das ist im Kern nichts anderes als der „accuracy incentive” der Studie – übertragen auf die gesellschaftliche Ebene.

Solche Formate gibt es vereinzelt – etwa in moderierten Bürgerräten oder philosophischen Salons. Aber sie sind Nische. In der Mehrheitsöffentlichkeit dominiert das Gegenteil: moralische Zuspitzung, die sich als Klarheit ausgibt. Strukturelle Probleme bleiben: Aufmerksamkeit wird durch Empörung erzeugt, politische Lagerbildung sichert Macht, Medienlogiken belohnen moralische Eindeutigkeit. Und: Nicht jede Seite ist gleich harmlos. Wer demokratische Grundwerte offen ablehnt, darf nicht bloß als „andersliebend” verklärt werden. Die Asymmetrie der Wahrnehmung erklärt nicht alle Macht- und Gewaltverhältnisse; sie ist ein psychologischer, kein normativer Schlüssel.

Trotzdem liegt in diesem Forschungsansatz ein moralisches Potenzial, das über die Psychologie hinausreicht. Er erinnert uns daran, dass Menschen – auch im Streit – nicht nur Gegner, sondern Menschen sind, die etwas zu bewahren suchen. Hinter vielen politischen Kämpfen steckt letztlich ein Versuch, etwas zu schützen: Heimat, Natur, Freiheit, Sicherheit, Würde. Wenn wir den anderen als jemanden sehen, der etwas liebt, nicht nur jemanden, der uns hasst, verändert sich der Blick.

Für den christlichen Blick auf Gesellschaft ist diese Einsicht nicht neu. „Liebt eure Feinde”, sagt Jesus – ein Satz, der oft als moralische Überforderung missverstanden wird. In Wahrheit ist er eine Wahrnehmungsübung gegen die Verzerrung: eine Aufforderung, den Gegner nicht zu dämonisieren, sondern sein Motiv im Licht der Liebe zu verstehen. Das ist kein psychologischer Trick, sondern ein geistlicher Akt, der Wahrheit erzeugt, weil er die Realität des anderen ernst nimmt.

In Deutschland brauchen wir genau das: eine Kultur der wohlwollenden Interpretation. Nicht um Konflikte zu verharmlosen, sondern um sie wieder führbar zu machen. Die Polarisierung, die uns spaltet, ist nicht bloß ein Streit der Argumente, sondern ein Kampf um die Deutung von Motiven. Wer glaubt, die anderen handelten aus Hass, hört auf, mit ihnen zu sprechen. Wer erkennt, dass auch sie etwas lieben, beginnt zu verstehen.

Vielleicht liegt darin der Anfang jeder gesellschaftlichen Heilung: nicht darin, die Motive des anderen zu fürchten, sondern sie zu erforschen. Nicht darin, Recht zu haben, sondern verstanden zu werden. Und verstehen zu wollen.​​​​​​​​​​​​​​​​

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Papst Leo XIV.: Dilexi te – Soziallehre als Verkündigung: 

Am 9. Oktober 2025 hat Papst Leo XIV. seine erste Apostolische Exhortation veröffentlicht: Dilexi te – „Ich habe dich geliebt“.

Für kath.net durfte ich dazu einen Kommentar verfassen. Hier gehts zum Artikel. Link. Anbei ein paar weitere Gedanken.

Was zunächst wie eine spirituelle Meditation über die Liebe zu den Armen klingt, ist in Wahrheit ein programmatischer Text – für die Kirche, aber auch für die Welt. Er ist Theologie in Bewegung: eine Fortsetzung der Linie von Franziskus, aber mit eigener Handschrift.

Mehr als Ethik: Armut als Ort der Offenbarung

Mich hat beim Lesen vor allem eine Formulierung getroffen: Die Armen sind „Fleisch Christi“.

Damit ist nicht nur ein moralischer Appell gemeint, sondern eine theologische Wende. In den Armen begegnet uns nicht ein soziales Problem, sondern der lebendige Herr selbst. Jede Berührung, jedes aufmerksame Hören, jedes Eintreten für ihre Rechte wird so zu einem Akt der Anbetung.

Armut ist – in diesem Sinn – kein äußerer Zustand, den man verwalten oder bekämpfen müsste, sondern ein Ort, an dem sich die Wahrheit Gottes zeigt.

Wenn wir die Armen aus dem Blick verlieren, verlieren wir auch das Antlitz Christi.

Soziallehre als Verkündigung, nicht als Regelwerk

Ich habe in meinem Kommentar auf Kath.net betont, dass die katholische Soziallehre kein politisches Werkzeugkasten und keine moralische Gebrauchsanweisung ist. Sie ist – oder sollte es sein – Verkündigung.

Die Prinzipien der Soziallehre – Personalität, Solidarität, Subsidiarität, Gemeinwohl – sind nicht bloß ethische Leitsätze, sondern Ausdruck der göttlichen Ordnung, die in der Menschwerdung Christi sichtbar wird.

Darum geht es nicht um Sozialpolitik, sondern um Inkarnation. Nicht um Aktivismus, sondern um Gegenwart Gottes in der Welt.

Wenn Papst Leo schreibt, die Kirche müsse „mit den Armen, nicht nur für sie“ handeln, dann ist das kein Slogan. Es ist die Übersetzung dessen, was Inkarnation bedeutet: Gott hat nicht von oben geholfen, sondern ist hinabgestiegen.

Liturgie und Diakonie: Einheit statt Gegensatz

Viele meinen, das Soziale und das Sakrale stünden in Spannung. Dilexi te zeigt das Gegenteil.

Die Liturgie der Kirche wird glaubwürdig erst dort, wo sie sich in tätiger Liebe fortsetzt.

Und die soziale Arbeit der Kirche wird fruchtbar, wenn sie aus der Eucharistie lebt.

Beides gehört untrennbar zusammen – wie Herz und Hände eines Leibes.

Diese Verbindung ist entscheidend: Ohne Anbetung verflacht Caritas zur Wohltätigkeit; ohne Caritas wird Anbetung steril.

Glaubwürdigkeit in einer zerrissenen Welt

Wir leben in einer Zeit, in der viele Menschen Kirche nur noch als moralische Instanz wahrnehmen – oder als politische Stimme, die selbst in Ideologien verstrickt ist.

Dilexi te ruft dazu auf, tiefer zu gehen: Die Kirche wird nicht durch Programme glaubwürdig, sondern durch Nähe.

Nähe, die den Armen nicht idealisiert, aber ernstnimmt.

Nähe, die nicht von oben hilft, sondern mitleidet.

Nähe, die Gnade sichtbar macht.

Diese Haltung ist radikal, weil sie weder mit Paternalismus noch mit Systemkritik verwechselt werden darf. Sie verlangt Umkehr – persönlich, kirchlich, gesellschaftlich.

Die wahre Reform beginnt unten

Manche suchen kirchliche Erneuerung in Strukturen, Strategien oder Debatten.

Dilexi te erinnert uns: Die eigentliche Reform beginnt unten – dort, wo Liebe konkret wird.

Dort, wo wir im Gesicht der Armen das Antlitz Christi erkennen.

Dort, wo die Kirche wieder lernt, einfach, glaubwürdig und dienend zu sein.

Vielleicht ist das der tiefste Gedanke dieser Exhortation:

„Wer den Armen liebt, erkennt das Antlitz des Herrn.

In diesem Blick beginnt die Verkündigung.“

So verstehe ich auch die Soziallehre: nicht als Theorie über Gesellschaft, sondern als eine Weise, das Evangelium zu verkünden – mit den Armen, nicht über sie.


📜 Zum Weiterlesen:

Papst Leo XIV., Dilexi te – Über die Liebe zu den Armen, Apostolische Exhortation vom 9. Oktober 2025

👉 Offizieller Text auf vatican.va

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Wir sind kein Bio-ChatGPT

Es hat eine verführerische Einfachheit, zu sagen: „Wir Menschen sind im Grunde biochemische Rechenmaschinen – genau wie KI, nur etwas langsamer.“ LLM sind gigantische stochastische Maschinen, die Vorhersagen über Muster und Wahrscheinlichkeiten treffen – unfassbar präzise und selbst für die Entwickler nicht mehr nachvollziehbar, wie genau diese Prozesse ablaufen und diese überraschenden Ergebnisse zustande kommen. Und mit dem kleinen Funken Magie und vielleicht auch Unwohlsein im Magen ist dann schnell die Frage im Raum: Wenn dein Gehirn Muster erkennt, Vorhersagen trifft, Wahrscheinlichkeiten abwägt – was unterscheidet dich dann grundsätzlich von einem Sprachmodell?

Die Versuchung zu sagen: Nichts, scheint unwiderstehlich – nicht selten, weil man dann eher technophil ausschaut, versucht man hier eine gewisse robuste Unsensibilität an den Tag zu legen. Aus meiner Sicht ein großer Fehler, der sich bitter rächen kann, denn wenn wir nicht die richtige Einstellung zu diesen Technologien entwickeln wird das für unseren Umgang damit massive Auswirkungen, letztlich auf uns als Menschen haben, aber nicht einfach nur, weil Jobs wegfallen könnten, sondern weil wir keine Antwort mehr finden werden auf die Frage nach dem Sinn und der Sinnlichkeit des Menschen. Wir machen uns dann gern bereitwillig klein und die andere Seite der Medaille ist, dass wir bereitwillig Lügen akzeptieren, wenn wir bspw. akzeptieren, dass LLM und Menschlichkeit vortäuschen, in dem Sie uns lobt, tadelt, Gefühle vortäuscht. Die ethisch verwerfliche Humanisierung der LLM ist falsch, weil sie unwahr ist – aber eine logische Folge unserer falschen Konzeption vom Menschen und seiner Würde.

Diese Technologien hinterfragen uns massiv und wir brauchen stabile und massive Antworten, die wir auch in Philosophie und Theologie haben. Die wahre Technophilie zeigt sich darin, Technologie den Platz zu geben, den sie sinnvollerweise einnehmen kann und sollte – als Werkzeug FÜR uns.

Das spüren auch, die die der Humanität der KI das Wort reden, das ist meine feste Überzeugung. Deswegen versteckt sich der Gedanke, dass wir ja auch nur stochastische Papageien sein oft nur zwischen den Zeilen – doch er bricht sich seit Jahren immer offener Bahn, auch abseits der Transhumanismus-Apologeten des Sillicon Valleys.

Wir dürfen dieses Bild nicht akzeptieren – nicht weil es sich nicht gut anfühlt, aus verletzten religiösen Motiven – sondern weil er einfach falsch ist. Denn du bist kein Bio-LLM – und der Mensch ist weit mehr als Statistik auf zwei Beinen. Der Irrtum und auch die damit vollkommene Überschätzung der LLM-Technologie ist auch längst vielen KI-Vordenkern wie Yann LeCun aufgefallen, der jüngst auch deshalb sagte, er sei am LLM eigentlich nicht mehr interessiert – die Welt sei eben größer als Sprache und der folgerichtig auch an neuen Konzepten sogenannter World-Models arbeitet (die zu bewerten soll hier nicht Gegenstand sein).

In der jüngeren Geschichte hat vor allem Michael Polanyi prominent seine Stimme gegen den Reduktionismus erhoben:

„We can know more than we can tell.“

(„Wir können mehr wissen, als wir ausdrücken können.“)

In The Tacit Dimension weist er darauf hin, dass unser Wissen nicht vollständig in Worte, Regeln oder Daten übersetzt werden kann. Ein Musiker spürt Harmonien, bevor er sie benennt; ein Handwerker erkennt Widerstand im Material, ohne es gleich formalisieren zu können. Dieses stille, implizite Wissen – tacit knowledge – ist leiblich eingebettet, eingewoben in Erfahrung und Gewohnheit. Keine Maschine, so hoch entwickelt sie auch sein mag, hat Hände, die durch Übung Sinn formen; keine künstliche „Intelligenz“ besitzt einen Leib, der in der Welt verwurzelt und in Herkunft, Historie, Kultur und soziale (Pfad-) Abhängigkeiten eingebettet ist.

Inzwischen wissen wir naturwissenschaftlich abgesichert, dass dies die Wahrheit ist. Danke Ian McGilchrist – desssen Bücher ich allen wärmstens empfehle, auch wenn man sich, ob des Umfangs dafür sehr viel Zeit nehmen muss.
Der Mediziner, Neurowissenschaftler und Philosoph Iain McGilchrist zeigt, dass unser Denken nicht eindimensional ist. In seinem unglaublichen Opus Magnum The Matter with Things spricht er vom „sense of the sacred“, einer Empfänglichkeit für das Heilige, wenn wir uns mit all unseren Kapazitäten der Welt öffnen. Er mahnt, dass die linke Hemisphäre, die in unserer westlichen Kultur, besonders gefragt ist, analysiert, zerlegt und kontrolliert, aber allein gelassen uns zu einer verkürzten Weltsicht führt. Wir ersetzen eine Landschaft durch eine Wegbeschreibung oder Landkarte.
Die rechte Hemisphäre (die eigentlich der Master sein sollte, wenn man der Logik seines Buches The Master and his Emmissary folgt) dagegen öffnet für Umgebung, Ganzheitlichkeit, Metaphern, Beziehung, Stille, Tiefe, für das, was nicht sofort berechenbar ist und was etwas verkürzt auch oft Kontext genannt wird. (Diese Dimension ist in McGilchrist deutlicher in The Matter with Things ausgeführt als im früheren Werk Master and His Emissary.)

Kontext ist verkürzt, weil es eben nicht nur um materielle und physische Dinge geht, sondern um Sinn, Intuition und wen er von „sense of the sacred“ spricht, verweist er noch mehr auf eine Erfahrung, die über das Funktionale hinausreicht – eine Ahnung, dass das Leben nicht nur aus profaner Manipulation und Routine besteht, sondern eine transzendente Dimension hat, die uns Ahnung, Ehrfurcht und Sinn schenkt.

Er ist mit diesem Befund nicht allein und reiht sich ein in eine Reiher hervoragender Denker und Denkerinnen, wie bspw. Mary Midgley, die ich ebenfalls allen ans Herz legen und die bedauerlicherweise in Deutschland kaum rezipiert wird. Midgley war eine Stimme, die schon in Zeiten des Siegeszugs des Positivismus unerschrocken gegen Reduktionismus kämpfte. Sie war keine akademische Rampensau; vielmehr arbeitete sie oft abseits der Machtdiskurse und war mitunter einsam – aber sie blieb hartnäckig. Geboren 1919, studierte sie in Oxford, trat früh in Konflikt mit dem vorherrschenden logischen Positivismus und verstand sich als Philosophin, die das Ganze im Blick haben wollte. Integration allein ist etwas von enormem Wert, schrieb sie – nicht Zerlegung ins Kleinste. 

Midgley unterschied zwischen „cleverness“ – der Fähigkeit, Probleme zu lösen oder Kunstgriffe zu vollbringen – und echter Intelligenz, die im Urteil, in der Moral und in der Imagination wurzelt. Sie lehnte die Metapher ab, das Gehirn sei „just a computer made of meat“. Das sei ein Beispiel für den Reduktionismus, den sie „nothing-buttery“ nannte – die Idee, alles sei nichts als X. Wenn wir sagen: Intelligenz sei nichts als Statistik und das Menschenhirn nichts als Rechenmaschine, berauben wir uns der Tiefe dessen, was Denken, Bewusstsein und Sinn sein können.

Eine Fesstellung, die natürlich so alt ist, wie die Philosophie und die Theologie – es gibt wohl kaum eine spirituelle Tradition oder Weisheitslehre, die nicht im Kern genau diesen Punkt macht. In der christlichen Tradition finden wir Begriffe, die all das auf elegante Art verbinden. In dem päpstlichen Schreiben zum Thema KI Antiqua et nova heißt es, dass menschliche Intelligenz ein „Geschenk Gottes zum Erfassen der Wahrheit“ sei, und dass sie über das empirisch Messbare hinausgehe, um „geistig-tiefere Strukturen der Wirklichkeit mit wahrer Sicherheit“ zu erfassen.  Und weiter: Intelligenz dürfe nicht auf Wissen-Aneignung reduziert werden, sondern müsse sich öffnen für die letzten Fragen des Lebens, als Ausrichtung auf Wahres und Gutes. 

Papst Franziskus greift diese Verbindung von Denken und Herz in seiner letzten Enzyklika, die auch sein theologisches Vermächtnis zusammenbringt, Dilexit Nos auf. Er sagt:

„Wir erreichen nicht unser volles Menschsein, wenn wir nicht aus uns heraustreten, und wir werden nicht ganz wir selbst, wenn wir nicht lieben.“ Dilexit Nos, (59)

Das Herz ist nicht metaphorisch nur „romantisch“, sondern existentielle Mitte – dort, wo Denken und Fühlen sich verweben. Er warnt davor, dass wir zur unersättlichen Konsumgesellschaft werden, wenn wir das Herz vergessen:

„Wenn wir Gefahr laufen, zu unersättlichen Konsumenten zu werden … dann tut es not, die Bedeutung des Herzens wieder neu zu entdecken.“ Dilexit Nos, (2)

Das klingt für nicht theologisch geübte Ohren meist etwas schwammig und wenig greifbar – doch das ist es nicht, auch wenn es das gleichzeitig doch ist – Ein Paradox, wie so viele tiefe Wahrheiten.
Dennoch ist es sehr wohl auch klar und praktisch. Wenn wir Intelligenz denken, ohne dass Herz und Leib mitschwingen, dann verarmen wir. Wenn wir Herz fordern ohne Unterscheidung, ohne Form, laufen wir in Beliebigkeit. Erst beides zusammen – Verstand und Herz, Leib und Geist – macht das Ganze lebendig.

Ich denke an Momente, in denen ich wusste, dass etwas wahr ist, lange bevor ich es begriff. Ich denke an Begegnungen, in denen jemand mit einem Blick erkannte, was ich nicht in Worte fassen konnte. Ich denke an das Staunen in der Dämmerung, das uns über Alltag erhebt, wie ein Flüstern jenseits der Logik. Wenn ich in solchen Momenten sein kann, weiß ich: Ich bin kein Algorithmus.

Manche mögen einwenden: „Wir handeln doch oft irrational! Klimawandel, Ungerechtigkeit, wir wissen es und reagieren nicht.“ Das stimmt. Aber gerade in dieser Spannung offenbart sich kein technischer Defekt, sondern Freiheit. Eine Maschine kennt kein Versagen, keine Reue, keinen Neubeginn. Wir leben in Brüchen, wir sind verletzlich – das ist kein Makel, sondern unsere Existenz.

Du bist kein Bio-LLM. Du bist kein Computer mit Haut. Du bist Leib und Herz, eingebettet in Welt, Beziehung und Geschichte. Dein Wissen reicht tiefer als Statistik, deine Intelligenz ist größer als Berechnung, dein Leben öffnet sich nicht nur zur Transzendenz, sondern ist nur von dort her verstehbar.

Wenn wir über künstliche Intelligenz sprechen, dürfen wir uns nicht mit funktionalen Bildern begnügen. Wir müssen wagen, den Menschen in seiner Tiefe zu denken – nicht als Maschine, sondern als Person: offen, frei, empfindend, suchend.

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Warum Kontrollgremien für die KI-Revolution fit gemacht werden müssen

Vor einigen Tagen titelte die FAZ: Viele Kontrollgremien sind nicht bereit für die KI-Revolution. Ein beklemmender Befund – denn gerade die Gremien tragen letztlich die Verantwortung für Strategie, Risiken und Compliance. 

Dass sechs von zehn Aufsichtsratsmitgliedern angeben, kaum Ahnung von KI zu haben, ist kein akademisches Randphänomen – es ist ein strategisches Problem mit gravierenden Implikationen:

  • Fehlende Aufsicht führt zu Blindspots in Governance, Haftung und Ethik
  • Entscheidungen ohne ausreichendes Verständnis bergen systemische Risiken
  • Vertrauen (von Investoren, Mitarbeitern, Öffentlichkeit) wird zu leicht verspielt

Meine provokante These:

Ein Unternehmen, dessen Aufsichtsorgane technologisch und ethisch unzureichend aufgestellt sind, verliert in der KI-Ära seine Handlungshoheit – und riskiert, von seinen eigenen Systemen überrannt zu werden.


Was jetzt passieren muss

HandlungsfeldFokus
Förderung von KompetenzSystematische Schulungen zu KI-Grundlagen, Ethik, Risikomanagement
Governance-DesignRollendefinition, Kontrollmechanismen, Eskalationsprozesse
Praxisorientiertes MonitoringBerichte, Audits, Exit‑Strategien, Warnmechanismen
Stakeholder-EinbindungExterne Expertisen, Ethikbeiräte, Dialogstrukturen


Mit solchen Bausteinen kann ein Aufsichtsorgan nicht nur passiv beaufsichtigen, sondern wirklich steuern und kontrollieren.

Warum Sie nicht allein damit bleiben sollten

Viele Unternehmen wissen intuitiv: „Da stimmt etwas nicht“ – aber sie wissen nicht, wie sie Gremien wirkungsvoll „KI-fähig“ machen.

Hier komme ich ins Spiel:

Wenn Sie möchten, können wir gemeinsam eine maßgeschneiderte „Gremien-Check“-Session für Ihr Unternehmen aufsetzen und mit Hilfe unser Value-Workshops eine Strategie für das Unternehmen entwickeln – damit Sie nicht nur reagieren, sondern vorausdenken.

💡 Wer zuerst handelt, formt die Norm – und behält die Initiative.

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Mehr als nur Regeln: 5 zeitlose Einsichten, die Ihre Sicht auf Gut und Böse verändern werden

Jenseits von Regeln und Werten

In unserer modernen Welt gleicht die Suche nach dem „richtigen“ Handeln oft einem Navigieren durch dichten Nebel – ob in Führungsetagen, Strategiemeetings oder persönlichen Entscheidungen. Wir schwanken zwischen starren Regelwerken, die uns sagen, was wir tun und lassen sollen, dem subjektiven Kompass unserer Gefühle und dem ständigen Druck gesellschaftlicher Erwartungen. Was ist wirklich gut? Das, was sich richtig anfühlt? Das, was die Mehrheit tut? Oder das, was in einem Gesetzbuch steht?

Inmitten dieser Verwirrung bietet der Philosoph Josef Pieper einen erfrischend klaren, alternativen Weg an – eine Ethik, die nicht auf willkürlichen Vorschriften oder flüchtigen Meinungen beruht, sondern auf der Wirklichkeit selbst.

Pieper, tief verwurzelt im Denken von Thomas von Aquin und Aristoteles, fordert uns auf, unseren Blick von uns selbst abzuwenden und ihn auf die Welt zu richten, wie sie ist. Dieser Artikel stellt fünf seiner überraschendsten und wirkungsvollsten Ideen vor, die unsere gängigen Vorstellungen von Moral herausfordern und einen neuen, stabileren Grund für das gute Leben aufzeigen.


Die 5 überraschenden Einsichten von Josef Pieper

Das Gute ist nicht, was wir sollen – es ist, was wirklich ist.

Piepers Ethik ruht auf einem einzigen, fundamentalen Leitsatz: „Alles Sollen gründet im Sein“. Das bedeutet, dass eine Handlung nicht deshalb gut ist, weil sie befohlen wird oder weil wir sie tun sollen. Sie ist gut, weil sie der objektiven Realität entspricht. Pieper nennt dies das „Wirklichkeitsgemäße“.

Um gut zu handeln, müssen wir unseren Blick nicht nach innen auf unser Gewissen, unsere selbstgesetzten Ideale oder subjektive „Werte“ richten, sondern nach außen auf die objektive Seinswelt. Für Pieper ist diese Wirklichkeit nicht willkürlich oder chaotisch; sie ist normativ, weil sie das objektive Abbild eines guten, göttlichen Schöpfungsplanes ist. Gutes Handeln ist demnach die Fortführung dessen, was in der Natur der Dinge bereits angelegt ist.

Diese Idee ist radikal, weil sie die Grundlage der Ethik von menschlichen Meinungen und Willensentscheidungen auf die objektive Welt verlagert. In einer Zeit, in der „Unternehmenswerte“ oft zu hohlen Phrasen verkommen und Entscheidungen zwischen konkurrierenden Interessen zerrieben werden, ist diese Rückbesinnung auf die Wirklichkeit selbst revolutionär. Sie steht im direkten Gegensatz zum „Moralismus“, der Haltung, dass etwas gut ist, nur weil es als Pflicht vorgeschrieben ist. Für Pieper ist das Gute nicht willkürlich, sondern in der Struktur der Realität selbst verankert.

Klugheit ist keine Vorsicht, sondern die Mutter aller Tugenden.

Wenn wir heute von Klugheit sprechen, meinen wir oft vorsichtiges Abwägen oder schlaues Taktieren. Pieper versteht unter der Tugend der Klugheit (Prudentia) etwas viel Grundlegenderes.

Wenn das Gute dem Wirklichen entspricht, dann ist die Klugheit das entscheidende Instrument, mit dem wir diese Wirklichkeit überhaupt erst erfassen. Sie ist die Fähigkeit, die Realität klar und unvoreingenommen zu sehen und entsprechend zu handeln – ein offener, sachlicher „Hin-Blick auf die Wirklichkeit“. Aus diesem Grund gibt Pieper ihr den absoluten Vorrang; er nennt sie die „Ursache, Wurzel, ‚Gebärerin‘, Maß, Richtschnur und Formgrund“ aller anderen Tugenden. Während die Klugheit das Gute bestimmt, ist es „die Sache selbst“ – die objektiven Fakten der Situation –, die bestimmt, was klug ist.

Dies ist überraschend, da wir Tugenden wie Gerechtigkeit oder Mut oft intuitiv höher einschätzen. Doch jede Strategie, jede Vision, jeder noch so gute Wille bleibt wertlos ohne den klaren Blick auf das, was ist. Pieper argumentiert, dass diese ohne einen klaren, klugen Blick auf die Realität wertlos oder sogar schädlich sein können. Ein mutiger Akt ohne Bezug zur Wirklichkeit ist bloße Tollkühnheit; eine gerechte Absicht ohne Kenntnis der Fakten kann zu größtem Unrecht führen.

Keine sittliche Tugend ist möglich ohne die Klugheit.

Richtig sein ist wichtiger als richtig handeln.

Die moderne Ethik konzentriert sich fast ausschließlich auf das Tun und Lassen. Sie gibt uns Gebote und Verbote und bewertet unsere Handlungen. Pieper kritisiert diese Engführung und stellt ihr ein anderes Ziel voran: Das primäre Ziel der Ethik ist das richtige Sein des Menschen.

Es geht nicht in erster Linie darum, gute Taten anzuhäufen, sondern darum, ein guter Mensch zu werden. Tugend ist für ihn eine „seinsmäßige Erhöhung der menschlichen Person“; sie bedeutet, dass der Mensch selbst „richtig ‚ist'“.

Dieser Gedanke verlagert den Fokus von äußerlichen Handlungen zu innerer Haltung und Charakterbildung. Es geht um die Qualität der Person, die entscheidet – nicht nur um die Qualität der Entscheidung. Dieses richtige Sein ist die tiefste Form der „Wirklichkeitsgemäßheit“ – ein Zustand, in dem der Charakter einer Person so mit der objektiven Realität harmoniert, dass gute Taten zu einer natürlichen Konsequenz werden.

Anstatt uns nur zu fragen: „Was soll ich tun?“, lädt uns Pieper ein, zuerst zu fragen: „Wer will ich sein?“

Selbstbeherrschung führt zu mehr Genuss, nicht zu weniger.

Die Tugend des Maßes (Temperantia) wird oft als freudlose Enthaltsamkeit missverstanden. Pieper zeichnet ein völlig anderes, radikaleres Bild. Entgegen einem puritanischen Missverständnis betont er, dass die natürlichen Triebe zum Genuss – Essen, Trinken, Sexualität – an sich gut sind. Das Maß ist für ihn die Verwirklichung innerer Ordnung, eine „selbstlose Selbstbewahrung“.

Und hier kommt das Paradox: Diese innere Ordnung führt nicht zu einer Minderung, sondern zur „Steigerung der sinnlichen Freude“.

Der Grund dafür ist, dass Unbeherrschtheit unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit verzerrt. Sie führt zu einer „Blindheit des Geistes“, die den Blick auf sich selbst lenkt und trübt. Der Unbeherrschte kann die Schönheit der Realität – sei es ein gutes Essen, ein Kunstwerk oder ein anderer Mensch – nicht mehr selbstlos und klar wahrnehmen.

Selbstbeherrschung ist also eine Voraussetzung für jene Klugheit, die es braucht, um die Welt so zu erkennen und zu genießen, wie sie wirklich ist. Wer sich selbst nicht führen kann, kann auch sonst nicht klar sehen.

Gerechtigkeit allein ist grausam.

Pieper definiert Gerechtigkeit klassisch als den standhaften Willen, „einem Jeden sein Recht zuerkennt“. Sie ist die Tugend, die Ordnung in die Welt außerhalb der Person bringt. Doch so fundamental sie auch ist, Pieper zeigt klar ihre Grenzen auf.

Eine Welt, die ausschließlich auf Gerechtigkeit basiert, wäre keine gute Welt. Er bringt es mit einem kraftvollen Satz auf den Punkt, der eine rein legalistische oder algorithmische Sicht auf Ethik erschüttert:

„Gerechtigkeit ohne Barmherzigkeit ist Grausamkeit“

Warum? Weil Barmherzigkeit keine willkürliche Ergänzung ist, sondern selbst der Wirklichkeit entspricht. Sie erkennt eine tiefere Realität an, die eine rein mathematische Gerechtigkeit ignoriert: die Realität der menschlichen Fehlbarkeit, unserer gemeinsamen Zerbrechlichkeit und unseres Bedürfnisses nach Vergebung.

In diesem Sinne ist Barmherzigkeit sogar „wirklichkeitsgemäßer“ als die Gerechtigkeit allein. Sie erinnert uns daran, dass eine menschliche Gesellschaft – und jede Organisation ist letztlich eine menschliche Gesellschaft – Qualitäten erfordert, die über das reine Geben dessen, was geschuldet wird, hinausgehen.


Den Blick auf die Wirklichkeit richten

Die fünf Einsichten von Josef Pieper laufen auf eine zentrale Botschaft hinaus: Ein gutes, tugendhaftes und letztlich glückliches Leben ist ein Leben, das in Harmonie mit der objektiven Wirklichkeit geführt wird.

Anstatt uns in den Widersprüchen unserer subjektiven Gefühle oder im Labyrinth menschengemachter Regeln zu verlieren, lädt er uns ein, einen Schritt zurückzutreten und die Welt so zu sehen, wie sie ist. Pieper gibt uns eine Landkarte, auf der die Klugheit der Kompass ist, der auf die Wirklichkeit zeigt, während Gerechtigkeit, Tapferkeit und Maß die Fähigkeiten sind, die wir zur Bewältigung des Geländes benötigen – alles im Streben danach, nicht nur Gutes zu tun, sondern ein guter Mensch zu sein.

Das Gute ist keine Erfindung, sondern eine Entdeckung.

Was würde sich in Ihrem Leben – und in Ihrer Führung – ändern, wenn Sie bei jeder Entscheidung zuerst fragen würden: „Was ist die Realität der Situation?“ anstatt „Was soll ich tun?“


Über diese Artikelserie

In meiner Arbeit als Berater und Speaker beschäftige ich mich damit, wie zeitlose philosophische Prinzipien konkrete Orientierung in komplexen Entscheidungssituationen bieten können. Philosophie ist für mich kein akademisches Glasperlenspiel, sondern ein Werkzeug zur Klärung – zur Klärung dessen, was wirklich ist, und dessen, wer wir sein wollen.

Wenn Sie interessiert, wie sich diese Gedanken auf Ihre spezifische Situation übertragen lassen, freue ich mich auf den Austausch.

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Die Welt gehört uns nicht

Es wird Zeit, dass wir offen über ein Problem sprechen: Insbesondere konservative Kräfte haben sich in den letzten Jahren nicht gerade mit Ruhm bekleckert, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht – vom eher peinlichen Totalboykott bis zu dem Abschleifen mühsam errungener Fortschritte.

Manchmal habe ich den Eindruck: Nachhaltigkeit wird hier entweder als ideologisches Projekt bekämpft oder es werden mit einem völlig verkürzten Blick nur technokratische Lösung in den Blick genommen. Beides greift zu kurz.

In meinem neuen Artikel bei Corrigenda plädiere ich dafür, den Blick zu weiten und Nachhaltigkeit ein zu Hause zu geben, wo es herkommt, aus einem konservativen Habitat

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Mehr als nur Atheismus: 5 überraschende Einsichten aus der katholischen Kritik an Marx

Karl Marx’ Ideen scheinen eine unerschütterliche Relevanz zu besitzen. Obwohl die realsozialistischen Experimente des 20. Jahrhunderts weltweit gescheitert sind, tauchen seine Konzepte von Entfremdung, Klassenkampf und Kapitalismuskritik immer wieder in aktuellen Debatten auf. Fragt man nach der Haltung der katholischen Kirche zum Marxismus, lautet die schnelle Antwort meist: Ablehnung wegen Atheismus. Das ist zwar richtig, greift aber viel zu kurz. Die kirchliche Auseinandersetzung ist weitaus tiefgründiger und differenzierter, als es diese simple Gegenüberstellung vermuten lässt.

Die Kritik zielt nicht nur auf die Leugnung Gottes, sondern auf das gesamte Menschenbild und Heilsversprechen, das der Marxismus anbietet. Sie entlarvt Widersprüche, klärt Missverständnisse auf und bleibt dabei überraschend aktuell. Aber was sind die tieferen, oft übersehenen Gründe für die unüberbrückbare Kluft zwischen katholischer Lehre und marxistischer Ideologie? Die folgenden fünf Einsichten zeichnen ein Bild, das weit über die einfache Frage nach Gott hinausgeht.

1. Es geht nicht nur um Atheismus, sondern um eine weltliche Heilslehre

Die katholische Kritik geht tiefer als die reine Ablehnung des Atheismus. Sie erkennt im Marxismus eine totalitäre Ideologie, die wie eine politische Religion auftritt und die Erlösung der Menschheit im Diesseits verspricht. Marx nimmt die christliche Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod (Eschatologie) und formt sie in eine rein irdische Erwartung um. In diesem neuen Heilsplan ist es nicht mehr Gott, der erlöst, sondern der Mensch, der sich durch den revolutionären Akt selbst befreit und sein eigenes Heil schafft.

Dieser Ansatz steht im direkten Widerspruch zur katholischen Lehre, die betont, dass der Mensch ohne Gott „unstet und krank“ ist und wahre Gerechtigkeit eine transzendente Wahrheit als Fundament benötigt. Die marxistische Transformation der Hoffnung auf ein rein innerweltliches Ziel wird in der kirchlichen Analyse präzise auf den Punkt gebracht:

Marx transformiert die christliche Eschatologie (Endzeiterwartung) in eine innerweltlich-diesseitige Hoffnung, bei der der Mensch als “Produzent und Regisseur seines eigenen Heils” auftritt.

Diese Verlagerung des Heils ins Diesseits ist aus christlicher Sicht zutiefst problematisch. Sie verneint nicht nur die Existenz Gottes, sondern auch die Freiheit und die transzendente Berufung des Menschen, die über materielle Verhältnisse hinausreicht.

2. Die überraschende Wende: Kollektivismus verschärft die Entfremdung

Nachdem wir die theologische Grunddifferenz – die weltliche Heilslehre – verstanden haben, wird die katholische Kritik noch überraschender, wenn sie sich einem der Kernversprechen von Marx zuwendet: der Überwindung der Entfremdung. Marx’ stärkste Waffe war seine Anklage der Entfremdung des Arbeiters im Kapitalismus. Die Katholische Soziallehre (KSL) vollführt hier einen meisterhaften Konter, indem sie nicht nur Marx’ Lösung ablehnt, sondern seine Diagnose selbst als unzureichend entlarvt.

Die historische Erfahrung hat gezeigt, dass der marxistische Kollektivismus die Entfremdung nicht beseitigt, sondern sogar steigert. Aus Sicht der KSL ist der damit einhergehende Mangel und das wirtschaftliche Versagen eine direkte Folge dieser gesteigerten Entfremdung: Ein System, das die persönliche Initiative missachtet, untergräbt zwangsläufig die Quellen des Wohlstands. Der Grund dafür liegt in einer fundamental falschen, einseitig materialistischen Analyse. Marx leitete Entfremdung ausschließlich aus Produktions- und Eigentumsverhältnissen ab. Die KSL argumentiert dagegen, dass die wahre Ursache der sozialen Frage in der Reduzierung des Menschen auf seine rein ökonomische Funktion liegt – die Reduktion der Arbeit auf ihre „objektive Dimension“ (ihren Tauschwert). Indem der Marxismus die „subjektive Dimension der Arbeit“ – ihre ethische und personale Bedeutung für den Arbeiter als Person – ignoriert, verfehlt er die Wurzel des Problems.

Johannes Paul II. hat in Laborem exercens betont, dass Arbeit nicht nur ökonomischer Tauschwert ist, sondern zutiefst personale Bedeutung hat: Sie ist Ausdruck der Würde des Menschen und Teilhabe am Schöpfungsauftrag. Gerade weil der Marxismus die Arbeit rein funktional und materialistisch deutet, übersieht er diese personale Dimension. Damit bleibt seine Analyse letztlich unvollständig und führt in neue Formen der Entfremdung.

Folgerichtig wird auch die marxistische Lösung – die Abschaffung des Privateigentums – nicht als Weg zur Befreiung, sondern als direkter Angriff auf die menschliche Freiheit gesehen. Anstatt den Arbeiter zu ermächtigen, so die KSL, würde ihm die Abschaffung des Eigentums eine entscheidende Grundlage für Autonomie und Wohlstand entziehen und ihn noch stärker dem Kollektiv unterwerfen.

3. Kein „dritter Weg“, sondern eine eigene Kategorie

Ein häufiges Missverständnis ist die Annahme, die Katholische Soziallehre sei eine Art „dritter Weg“ zwischen dem zügellosen Kapitalismus und dem Marxismus. Die KSL selbst lehnt diese Beschreibung explizit ab. Der Grund für diese Abgrenzung ist fundamental: Ein „dritter Weg“ oder eine „Ideologie“ schlägt ein spezifisches, festes politisch-ökonomisches System vor. Die KSL versteht sich stattdessen als eine eigenständige theologische Reflexion bei der es im Kern mehr um Prinzipien als konkrete Policies geht.

Sie liefert also kein fertiges Wirtschaftsmodell und schon gar nicht Politikprogramm, sondern einen Satz unantastbarer ethischer Prinzipien – Menschenwürde, Gemeinwohl, Solidarität, Subsidiarität –, die auf dem „christlichen Humanum“, dem Menschen als Abbild Gottes, basieren. Diese Prinzipien dienen als permanenter, anpassungsfähiger ethischer Rahmen, um jedes existierende System zu beurteilen und zu kritisieren, sei es kapitalistisch, sozialistisch oder anders geartet. Anstelle eines revolutionären Umsturzes setzt die KSL auf eine „Ordnungsethik“: die stetige Reform der Strukturen, um eine gerechte und gemeinwohldienliche Balance zwischen Arbeit und Kapital zu schaffen.

Wichtig ist zugleich, dass die Kirche das Privateigentum nie absolut setzt. Es gilt zwar als Grundlage menschlicher Freiheit und Verantwortung, aber immer in der Perspektive der „allgemeinen Bestimmung der Güter“: Eigentum ist sozial gebunden und soll dem Gemeinwohl dienen. Genau diese Balance unterscheidet die katholische Soziallehre sowohl von marxistischer Kollektivierung als auch von liberalistischem Individualismus.

4. Ein heikler Flirt: Wie die Befreiungstheologie marxistische Werkzeuge nutzte

Diese klare lehramtliche Linie bedeutet jedoch nicht, dass die Auseinandersetzung innerhalb der Kirche immer frei von Spannungen war. Insbesondere in der Theologie der Befreiung, die in Lateinamerika als Antwort auf massive soziale Ungerechtigkeit entstand, suchten viele Gläubige einen „unmöglichen Kompromiss“. Sie griffen auf die marxistische Sozialanalyse als Instrument zurück, um die materielle Not der Armen zu beschreiben und die Strukturen der Unterdrückung zu analysieren.

Das kirchliche Lehramt reagierte mit einer deutlichen Warnung. Es sei „illusorisch und gefährlich“, die enge Verbindung zwischen den Analysewerkzeugen des Marxismus und seiner totalitären Ideologie zu ignorieren. Wer die Methode übernehme, laufe Gefahr, auch die Praxis des Klassenkampfes und die gewalttätige Logik zu übernehmen, die damit einhergeht. Dieser Punkt ist besonders interessant, weil er zeigt, dass die Kirche nicht monolithisch ist. Sie rang ernsthaft mit der Herausforderung der Ungerechtigkeit, die auch den Marxismus nährte, und suchte nach Wegen, den Armen beizustehen, ohne dabei ihre eigenen fundamentalen Überzeugungen aufzugeben.

5. Die Kritik endet nicht bei Marx: Papst Franziskus und die „Strukturen des Bösen“ heute

Die entschiedene Kritik am Marxismus bedeutet keineswegs eine kritiklose Annahme des existierenden Kapitalismus. Im Gegenteil: Die Katholische Soziallehre bleibt eine scharfe Kritikerin von Systemen, die den Menschen entwürdigen. Papst Franziskus steht prominent in dieser Tradition. In seinen Enzykliken wie Evangelii gaudium und Laudato si’ übt er scharfe Kritik am globalen Wirtschaftssystem und an den „Strukturen des Bösen“, die Ungleichheit und Umweltzerstörung produzieren.

Damit teilt er viele Anliegen der Befreiungstheologie – etwa den Fokus auf die Armen und die Kritik an ungerechten Strukturen –, jedoch ohne deren spezifische marxistische Analyse zu übernehmen. Dies unterstreicht einen zentralen Punkt: Die Katholische Soziallehre dient nicht der Verteidigung des Status quo. Sie fordert eine kontinuierliche Transformation der sozialen Ordnung, um sie gerechter und menschlicher zu machen.

Es geht um mehr

Die katholische Kritik am Marxismus ist keine rein politische oder ökonomische, sondern eine zutiefst anthropologische und theologische Auseinandersetzung. Sie geht weit über die Frage nach der Existenz Gottes hinaus und stellt die entscheidende Frage nach dem Wesen des Menschen, seiner Freiheit und seiner letztendlichen Bestimmung. Es ist die Konfrontation zweier unvereinbarer Visionen davon, was der Mensch ist und wozu er berufen ist.

In einer Welt, die immer noch mit Ungerechtigkeit und Entfremdung ringt, bleibt die zentrale Frage der Katholischen Soziallehre von brennender Aktualität: Welchen Zweck sollen unsere wirtschaftlichen und politischen Systeme letztendlich erfüllen, wenn nicht den, dem Menschen in seiner ganzen Würde zu dienen? Die katholische Antwort ist unmissverständlich: Kein System ist ein Selbstzweck; es ist nur in dem Maße legitim, wie es dieser höchsten Berufung des Menschen dient.

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5 Ideen, die Ihr Denken über Glaube, Gesellschaft und unsere Welt verändern werden



Alte Fragen, überraschende Antworten

Wir leben in einer verwirrenden Zeit. Die großen Erzählungen, die uns einst Orientierung gaben – über den unaufhaltsamen Fortschritt, die klaren Fronten in der Politik oder die Rolle der Religion –, scheinen ihre Kraft verloren zu haben. Angesichts globaler Krisen und gesellschaftlicher Zerrissenheit suchen viele nach neuen, tragfähigen Antworten auf die alten Fragen nach dem guten Leben, der gerechten Gesellschaft und unserem Platz im Kosmos.

Die zentrale These dieses Beitrags ist, dass ein tieferer Blick in klassische und moderne Denkansätze überraschende und erhellende Perspektiven für genau diese großen Fragen unserer Zeit bietet. Oft sind es nicht die lauten, tagesaktuellen Parolen, sondern die leisen, aber grundlegenden Ideen, die unser Denken wirklich verändern können. Im Folgenden werden ich fünf solcher kontraintuitiven und wirkungsvollen Ideen vorgestellen, die etablierte Dichotomien aufbrechen und hoffentlich zu einem reiferen Verständnis unserer Welt einladen.

1. Der wahre Konservatismus sorgt sich um die Verteilung von Eigentum, nicht nur um dessen Anhäufung.

Konservatismus wird oft als reines Machtstreben missverstanden. Die gängige Karikatur des Konservativen zeichnet das Bild eines Menschen, dem es primär um die Sicherung von Privilegien und die Ausübung von Macht geht. Der Philosoph Roger Scruton zeigt jedoch, dass dies ein grundlegendes Missverständnis ist. Dem authentischen Konservatismus geht es nicht um Macht als Selbstzweck, sondern um eine legitime Autorität, die auf der Achtung der Bürger vor der sozialen Ordnung beruht. Eine solche Ordnung wird nicht erzwungen, sondern als gemeinsames Gut anerkannt und getragen.

Die überraschende Wendung: die soziale Pflicht des Eigentums. Aus diesem Grund, so Scruton, müssen Konservative sich nicht nur um die Schaffung von Wohlstand, sondern auch um dessen Verteilung kümmern. Der Grund dafür liegt in der zentralen Rolle des Privateigentums. Es ist die materielle Grundlage für die Stabilität der Familie – und zwar nicht nur der bürgerlichen, sondern auch der „proletarischen Familie“. Das Recht auf Eigentum, selbst in Form eines einfachen Nutzungsrechts an einer Wohnung, ist laut Scruton tief in der sozialen Verfassung des Menschen verwurzelt: Es ist „ein unverzichtbarer Artefakt, einer, der unweigerlich aus unserem Wunsch entsteht, zu unserer Welt zu gehören und Erfüllung in ihr zu finden“.

Diese Sichtweise entlarvt die übliche Dichotomie von „Sozialismus gegen Kapitalismus“ als oberflächlich. Wenn Eigentum nicht nur als Instrument zur Profitmaximierung, sondern als Voraussetzung für familiäre Autonomie und gesellschaftliche Teilhabe verstanden wird, wird seine breite Verteilung zu einem zentralen Anliegen für eine stabile und legitime Ordnung. Genau hier knüpft die katholische Soziallehre an: Sie anerkennt das Recht auf Privateigentum, erklärt es aber ausdrücklich für nicht absolut. Eigentum steht unter dem höheren Prinzip der universalen Bestimmung der Güter (KKK 2402–2406). Schon Leo XIII. in Rerum novarum und Pius XI. in Quadragesimo anno betonten, dass Eigentum verpflichtet – eine „soziale Hypothek“ also, die jeder Eigentümer trägt. Scrutons Denken gewinnt so an Tiefe, wenn man es mit diesem Verständnis verbindet: Eine Politik, die die materielle Basis der Familie vernachlässigt – egal ob von links oder rechts –, gefährdet letztlich die gesellschaftliche Ordnung selbst.

2. Warum ein führender säkularer Denker die Religion verteidigt

In der öffentlichen Debatte gilt der Gegensatz zwischen Vernunft und Glauben fast als selbstverständlich. Die säkulare Vernunft der Aufklärung habe die Religion als überholte Form des Denkens abgelöst – so die gängige Erzählung. Umso überraschender ist es, dass Jürgen Habermas, einer der einflussreichsten Verfechter rationaler Diskurse, für die Religion Partei ergreift.

Habermas argumentiert, es wäre „unvernünftig“, die Weltreligionen einfach abzuschreiben, da ihr „kognitiver Gehalt noch nicht abgegolten“ sei. Er sieht in ihnen ein semantisches Reservoir, das, wenn es in eine moderne Sprache übersetzt wird, der Gesellschaft als Ganzem zugutekommt. Rituale, gemeinschaftsstiftende Praktiken und tief verankerte moralische Intuitionen sind nach seiner Analyse unersetzlich. Religionen bergen also ein Potenzial, das die säkulare Welt allein nicht hervorbringen kann.

Doch Habermas bleibt Philosoph: Ihm geht es um Übersetzbarkeit, nicht um Bekenntnis. Er will, dass religiöse Inhalte in säkulare Kategorien eingehen, ohne dass ihre Wahrheit als solche anerkannt werden muss. Genau hier setzt die theologische Ergänzung an. Der Glaube ist nicht nur eine Ressource, die dem gesellschaftlichen Diskurs dient. Er ist, wie Franziskus in Lumen fidei schreibt, ein Licht, das das ganze Leben erhellt – kein bloß subjektiver Trost, sondern eine Wahrheit, die Orientierung schenkt und Vernunft nicht ersetzt, sondern vollendet. Habermas’ Einsicht zeigt, wie unverzichtbar Religion bleibt; die Kirche erinnert daran, dass ihr Wert nicht in Nützlichkeit aufgeht, sondern aus der Begegnung mit Gott selbst stammt.

3. Der „Fehler“ in der Bibel, der sie stärker macht.

Viele stoßen sich an den dunklen Passagen der Bibel: Gewaltbefehle, archaische Vorstellungen, scheinbare Widersprüche. Wie kann ein Text göttlich inspiriert sein, wenn er so etwas enthält? Ein fundamentalistisches Verständnis, das jedes Wort für ein direktes Diktat Gottes hält, gerät hier in Erklärungsnot.

Papst Benedikt XVI. hat dafür einen anderen Zugang vorgeschlagen. Er sprach von der „göttlichen Pädagogik“: Offenbarung als Prozess, in dem Gott die Menschen Schritt für Schritt abholt. Die Bücher der Bibel tragen den Stempel ihrer Zeit und Kultur – und gerade darin wird sichtbar, dass Gott die Menschen wachsen lässt. Die alten Texte mit all ihren Brüchen gehören in einen langen Lernweg, der seinen Höhepunkt in Christus findet. Das Neue Testament ist der Schlüssel zum Alten, nicht indem es das Frühere einfach auslöscht, sondern indem es ihm seinen eigentlichen Sinn gibt.

Wichtig ist aber, das Gleichgewicht zu halten. Die Kirche bekennt, dass die Schrift inspiriert ist und „wahr“ – und zwar „wahr in dem, was Gott um unseres Heiles willen in ihr niedergelegt haben wollte“ (KKK 107). Wer diesen Maßstab im Blick behält, kann die Bibel weder als eindeutiges Diktat missverstehen (Grüße an alle Sola-Scriptura-Freunde 😉 ) noch als bloß menschliche Sammlung abtun. Sie ist ein lebendiges Zeugnis einer Geschichte Gottes mit den Menschen, in der Geduld, Wachstum und auch Brüche Platz haben.

4. Der überraschende „dritte Weg“ zwischen Kapitalismus und Sozialismus.

Oft wird die Wirtschaftsdebatte auf ein einfaches Entweder-oder reduziert: freier Markt oder staatliche Kontrolle, Kapitalismus oder Sozialismus. Die katholische Soziallehre hat seit über einem Jahrhundert einen anderen Weg beschritten. Sie anerkennt Privateigentum als Recht, betont aber zugleich, dass es ein sekundäres Naturrecht ist, dem das übergeordnete Prinzip der universalen Bestimmung der Güter vorausgeht.

Das bedeutet: Gott hat die Erde und ihre Güter dem ganzen Menschengeschlecht geschenkt. Eigentum ist legitim, solange es diesem universalen Zweck dient und nicht dazu führt, dass andere ausgeschlossen werden. Darum gehört auch Solidarität zu den tragenden Pfeilern der Soziallehre. Sie ist keine bloße Emotion, sondern eine Tugend, die jeden für alle verantwortlich macht. Sie ist ausdrücklich der Gegenentwurf zum Klassenkampf – nicht Konfrontation, sondern Verantwortung füreinander.

Gemeinsam mit Subsidiarität und der vorrangigen Option für die Armen ergibt sich daraus ein Modell, das Märkte nicht abschaffen, aber in eine starke rechtliche und ethische Ordnung einbettet. Schon Pius XI. sprach 1931 von der „satten Bourgeoisie“, die es als „natürliche Ordnung“ empfinde, wenn ihr alles zufällt und der Arbeiter leer ausgeht. Eine solche Haltung widerspricht nicht nur dem Evangelium, sondern auch jeder nachhaltigen Gesellschaftsordnung. Der „dritte Weg“ der Soziallehre ist deshalb keine nostalgische Konstruktion, sondern eine immer aktuelle Einladung, Wirtschaft am Menschen auszurichten.

5. Die neue Berufsbezeichnung der Menschheit: Planetarischer Geschäftsführer.

Einige Wissenschaftler sprechen inwzischen von einer neuen geologischen Epoche: dem Anthropozän. Ob dem so ist , ist umstritten – kaum abstreiten kann man aber wohl, dass der Mensch zu einer geologischen Kraft geworden ist, die den Planeten dauerhaft verändert – durch Plastikmüll, radioaktive Ablagerungen, den Klimawandel.

Peter Sloterdijk hat dafür ein zugespitztes Bild gefunden: Der Mensch sei „für die Bewohnung und Geschäftsführung der Erde im Ganzen verantwortlich“ geworden. Wir sind – ob wir wollen oder nicht – zu Managern des Planeten geworden. Das macht die Dimension unserer Verantwortung deutlich, birgt aber auch eine Gefahr. Denn wenn wir uns nur als „Geschäftsführer“ begreifen, verengen wir den Blick auf ein technisches Managementproblem.

Papst Franziskus hat in Laudato si’ einen anderen Akzent gesetzt. Er spricht vom Menschen als Hüter und Mitgestalter der Schöpfung. Ökologische Krise und soziale Krise sind für ihn untrennbar verbunden. Er warnt vor einer „ökologischen Schuld“ des Nordens gegenüber dem Süden und betont, dass nicht Technik allein, sondern ein tiefgreifender kultureller und moralischer Wandel notwendig ist. Nur so wird das „gemeinsame Haus“ für kommende Generationen bewohnbar bleiben.

Die Frage lautet also nicht: Wie managen wir die Erde effizienter? Sondern: Wie leben wir in einer Weise, die Dankbarkeit gegenüber dem Schöpfer, Verantwortung gegenüber den Armen und Geschwisterlichkeit mit allen Geschöpfen verbindet? Sloterdijks Bild hilft, die Dringlichkeit zu spüren; Franziskus ergänzt es um die Dimension der Beziehung und des Sinns.

Welche Gewissheit stellen wir heute in Frage?

Die fünf Ideen zeigen, dass die einfachen Gegensätze – konservativ oder progressiv, Glaube oder Vernunft, Kapitalismus oder Sozialismus – uns nicht weiterbringen. Wahrer Konservatismus fragt nach Verteilungsgerechtigkeit, säkulare Vernunft erkennt den Wert der Religion, die Bibel erschließt sich als pädagogische Geschichte Gottes, Wirtschaft kann über die Lager hinaus neu gedacht werden, und ökologische Verantwortung verlangt nicht nur Management, sondern eine Haltung der Bewahrung.

Die entscheidende Frage lautet daher nicht, ob wir umdenken müssen. Sondern: Welche unserer liebsten Gewissheiten sind wir bereit loszulassen, damit Zukunft möglich bleibt?

Quellen und weiterführende Texte

  • Papst Leo XIII., Rerum novarum (1891)
  • Papst Pius XI., Quadragesimo anno (1931)
  • Zweites Vatikanisches Konzil, Gaudium et spes (1965), Dei Verbum (1965)
  • Katechismus der Katholischen Kirche, §§ 53, 107, 2402–2406
  • Papst Benedikt XVI., Verbum Domini (2010)
  • Papst Franziskus, Lumen fidei (2013, gemeinsam mit Benedikt XVI. erarbeitet), Laudato si’ (2015)
  • Jürgen Habermas, Zwischen Naturalismus und Religion (2005)
  • Roger Scruton, How to Be a Conservative (2014)
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Soziallehre in der Praxis: Dezentralisierung & Subsidiarität.

Wir reden heute viel über Solidarität, Gemeinwohl oder Nachhaltigkeit. Und das ist gut so. Aber oft fällt mir auf: Ein Grundprinzip der katholischen Soziallehre bleibt dabei im Hintergrund – die Subsidiarität.

Dieses Prinzip ist mehr als eine technische Regel, es ist ein Kompass für die Frage: Wie organisieren wir Gesellschaft, Politik und Wirtschaft? Und es steht mitten in einem Spannungsfeld, das unsere Zukunft prägen wird: Zentralisierung versus Dezentralisierung.

Ein Kampf der Ideen

Schaut man genau hin, läuft derzeit ein leiser, aber entscheidender Konflikt:

  • Auf der einen Seite stehen zentrale Konzepte – Staaten, Regierungen, große Konzerne, die auf Kontrolle und Vereinheitlichung setzen. Digitale Zentralbankwährungen, Datenplattformen oder staatliche Überwachungsstrukturen sind Beispiele dafür.
  • Auf der anderen Seite stehen dezentrale Systeme – Netzwerke, die Macht verteilen, Beteiligung ermöglichen und Resilienz schaffen. Ob in der Blockchain-Technologie, in Genossenschaften, in föderalen politischen Strukturen oder auch in kulturellen Bewegungen: Hier lebt die Idee, dass Menschen selbst Verantwortung übernehmen können.

Die katholische Soziallehre stellt sich klar an die Seite dieser Freiheitsspielräume. Quadragesimo anno (1931) formuliert es unmissverständlich: Was der Einzelne oder kleinere Gemeinschaften leisten können, darf nicht von größeren Einheiten vereinnahmt werden.

Subsidiarität als Schutz der Würde

Subsidiarität heißt nicht: Jeder für sich. Sie heißt: Verantwortung dort lassen, wo sie hingehört.

  • In der Familie: Eltern haben Vorrang in der Erziehung vor staatlichen Institutionen.
  • In der Wirtschaft: Unternehmen sollen sich selbst organisieren, bevor der Staat eingreift.
  • In der Politik: Kommunen und Länder sollen Handlungsspielräume haben, bevor Zentralregierungen alles regeln.

Das Ziel ist immer dasselbe: die Würde des Menschen schützen, indem man Freiheit nicht vorschnell abgibt. Das Kompendium der Soziallehre nennt Subsidiarität deshalb ein „unantastbares Prinzip“.

Wo Dezentralität Potenziale hat

Manche Entwicklungen zeigen, wie stark dezentrale Ansätze Zukunft gestalten können:

  • Energie: Bürgerenergie-Genossenschaften machen erneuerbare Energien greifbar und stärken regionale Wirtschaftskreisläufe.
  • Finanzen: Mikrokredite oder genossenschaftliche Banken geben Menschen Zugang zu Kapital, ohne dass zentrale Institutionen alles steuern.
  • Kultur & Medien: Dezentrale Plattformen oder offene Netzwerke schaffen Räume für Vielfalt, statt nur Algorithmen der Großkonzerne folgen zu müssen.

All das sind praktische Beispiele von Subsidiarität – und sie zeigen, wie sehr dieses Prinzip mit Innovation und Freiheit zusammenhängt.

Die Kehrseite: Zentralistische Versuchungen

Natürlich gibt es auch Argumente für Zentralisierung: Sie kann Effizienz steigern, gleiche Standards sichern oder globale Probleme wie den Klimawandel koordinieren. Aber die Gefahr liegt auf der Hand: Zentralisierung ohne Gegengewicht führt leicht zu Freiheitsverlusten.

Die Geschichte des 20. Jahrhunderts – von Nationalsozialismus bis Sowjetkommunismus – hat gezeigt, wohin es führt, wenn Macht zu sehr konzentriert wird. Auch Johannes Paul II. hat in Centesimus annus davor gewarnt, dass eine „Demokratie ohne Werte“ in Totalitarismus kippen kann.

Soziallehre in der Praxis: Balance statt Einseitigkeit

Die Aufgabe heute ist nicht, Zentralisierung pauschal zu verdammen. Sie hat ihre Berechtigung, wenn kleinere Ebenen überfordert sind. Aber wir brauchen das Gegengewicht der Subsidiarität – gerade angesichts digitaler Technologien, die extreme Zentralisierung überhaupt erst möglich machen.

Die Soziallehre bietet uns hier eine klare Orientierung:

  • Subsidiarität schützt die Freiheit.
  • Solidarität bewahrt das Miteinander.
  • Das Gemeinwohl hält beide Prinzipien in Balance.

Mein Aufruf: Ein vernachlässigtes Prinzip neu entdecken

Wenn wir über Nachhaltigkeit, Digitalisierung und die Zukunft der Gesellschaft reden, dürfen wir die Subsidiarität nicht länger vergessen. Sie ist nicht nur eine Fußnote der katholischen Soziallehre, sondern ein Prüfstein für die Frage: Leben wir in einer freien, menschenwürdigen Ordnung – oder in einer Gesellschaft, in der Kontrolle die Oberhand gewinnt?

Die Soziallehre sagt klar: Freiheit braucht Ordnung – aber eine Ordnung, die dem Menschen dient, nicht ihn beherrscht.

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Kollabiert unsere Zivilisation?

Wie stabil ist unsere Gesellschaft wirklich? Was hilft uns in Zeiten multipler Krisen weiter – Technokratie oder Verantwortung?

In meinem neuen Artikel analysiere ich die Debatte um gesellschaftlichen Kollaps, zentrale Denkfehler moderner Ethik und zeige, warum Prinzipien wie Subsidiarität und Hoffnung nicht nur für Staaten, sondern auch für Unternehmen strategisch relevant sind.

Ein Plädoyer für kulturelle Tiefe, menschenfreundliche Transformation – und ein anderer Blick auf strategische Zukunftsgestaltung.

Der Guardian hat kürzlich einen aufsehenerregenden Artikel über die Forschung von Luke Kemp zur Geschichte gesellschaftlicher Zusammenbrüche veröffentlicht. Es geht um die Frage, ob unsere globale Zivilisation vor dem Kollaps steht. Nicht als Science-Fiction, nicht als Übung in Alarmismus, sondern als historische Analyse. Und: Es geht um die systemischen Ursachen, die diesen Kollaps heute wahrscheinlicher denn je machen.

Eine der zentralen Thesen lautet: Wir steuern nicht zufällig auf den Abgrund zu. Wir gestalten ihn selbst.

Denn die hochkomplexen, zentralisierten Strukturen, die wir in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut haben – ob in Lieferketten, Finanzsystemen, Energiemärkten oder politischen Entscheidungsapparaten – sind zwar effizient, aber hochgradig fragil. Sie funktionieren in der Stabilität, nicht in der Krise. Und sie verlernen das Lokale, das Konkrete, das Persönliche.

Hier kommt ein Prinzip ins Spiel, das im politischen und ethischen Mainstream kaum mehr Beachtung findet: die Subsidiarität. Ursprünglich aus der katholischen Soziallehre stammend, hat es das Potenzial, systemische Resilienz, kulturelle Identität und menschliche Verantwortung neu zu verankern.

Subsidiarität meint: Was auf kleiner Ebene geleistet werden kann, soll nicht von oben übernommen werden. Verantwortung soll dort bleiben, wo sie ursprünglich liegt: bei Menschen, Familien, Gemeinden, Unternehmen. Es ist ein Gegenmodell zum technokratischen Steuerungsdenken: Vertrauen statt Kontrolle. Ermächtigung statt Entmündigung.

Kemp spricht im Artikel von der Notwendigkeit radikaler „Alterity“ – also des bewussten Andersseins: andere Formen von Machtverteilung, Wertorientierung, Zusammenleben. Das ist ein wichtiger Gedanke. Doch sein ethischer Vorschlag fällt ernüchternd aus: „Don’t be a dick.“

Sympathisch gemeint, aber: Das reicht nicht. Es ist keine Ethik, sondern ein Appell an Anstand. Aber:

Ethik ist mehr als die Abwesenheit des Bösen.

Sie braucht ein Ziel. Ein Verständnis vom Guten, vom Sinn, von Verantwortung. Sie braucht eine Vorstellung vom Menschen, die über Nützlichkeit, Konsens oder Effizienz hinausgeht. Genau das bietet die katholische Soziallehre: Personalität, Gemeinwohl, Verantwortung, Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit – nicht als Schlagworte, sondern als integriertes Denkmodell.

Und: Sie bietet etwas, das in Krisenzeiten besonders kostbar ist: Hoffnung.

Nicht als billige Vertröstung. Sondern als existenzielle Haltung, die anerkennt, dass der Mensch nicht alles machen, steuern, retten muss. Dass es erlaubt ist, Grenzen anzunehmen. Dass Verantwortung auch heißt, Dinge loszulassen. Hoffnung ist das Gegenteil von Kontrollwahn. Sie ist ein Schutz gegen Burnout, gegen Zynismus, gegen Überforderung.

Gerade in der aktuellen Debatte um „Systemwandel“, Transformation, Redesign der Gesellschaft wäre das heilsam: Weniger Machbarkeitsphantasie, mehr Demut. Weniger moralische Selbstüberforderung, mehr gemeinschaftliches Vertrauen.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Auch Organisationen spüren die Brückenspannung zwischen Effizienzdruck und Sinnsuche, zwischen Transformationserwartung und kultureller Überforderung. Wer heute Strategie entwickelt, muss Kultur mitdenken. Wer Zukunft gestalten will, braucht ein stabiles Verständnis vom Menschen.

Hier kann die Soziallehre einen echten Beitrag leisten – auch für weltanschaulich neutrale Unternehmen. Denn sie bietet:

  • ein ganzheitliches Menschenbild,
  • ein tragfähiges Verständnis von Verantwortung,
  • Prinzipien für glaubwürdige Nachhaltigkeit,
  • und konkrete Anstöße für Kulturentwicklung und ethische Strategie.

Als Berater für wertebasierte Strategie- und Kulturentwicklung unterstütze ich Unternehmen dabei, diese Potenziale zu erschließen – ohne ideologischen Ballast, aber mit klarer Haltung.

Wer nicht nur Prozesse optimieren, sondern Menschen und Sinn integrieren will, ist herzlich eingeladen, mit mir ins Gespräch zu kommen. Ich freue mich auf Ihre Mail – Kontakt

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