Kategorien
Blog

Flashback: Ist CSR-Kommunikation die PR der Zukunft?

Ganze acht Jahre ist inzwischen her, dass ich im PR-Journal eine steile These in den Raum geworfen habe. Hintergrund war die Frage inwiefern die CSR- und Nachhaltigkeitskommunikation auf Dauer die PR und die Marketingkommunikation verändern wird. Inhaltlich sehen wir inzwischen, dass in der PR- und Unternehmenskommunikation und erst recht im Marketing und der Werbung nichts mehr ohne Nachhaltigkeit geht – inhaltlich ist das Thema also angekommen. Doch das war damals gar nicht die alleinige Perspektive. Meine Idee und auch Hoffnung war, dass die Nachhaltigkeitskommunikation dazu beiträgt, dass die Kommunikation der Unternehmen auch vom Anspruch an Transparenz, Glaubwürdigkeit und Vergleichbarkeit etc. ein Scheibchen von bspw. den Berichtsanforderungen, wie wir Sie von der GRI kennen abschneidet. Teil der These war, dass es auf Dauer nur schwer möglich sein sollte (habe ich mich da geirrt?), dass in einem Unternehmen zwei verschiedene Kommunikationskulturen nebeneinander existieren und so die Glaubwürdigkeit der Unternehmen untergraben. Auf der einen Seite Kommunikation a la „Wir sind die Größten, Besten und Schönsten“ und auf der anderen Seite ein realistisches Bild der Unternehmensleistungen und Nachhaltigkeit ungeachtet von Erfolgen und Misserfolgen (nun gut, haben wir in der Nachhaltigkeitskommunikation immer noch nicht wirklich – von Impactorientierung mal ganz abgesehen).

Was meint Ihr? Schreibt mir gern eure Kommentare (über das Kontaktformular). Ich poste diese dann gern hier ein.

Nun aber zum Flashback und meinem Text aus dem Februar 2015 (Link zum Orginaltext):

Ist CSR-Kommunikation die PR der Zukunft?

Über viele Jahre wurde in den PR-Lehrbüchern gepredigt, dass ein Unternehmen integrativ und mit einer Stimme kommunizieren sollte. Dass die One-Voice-Policy oft eine Fata Morgana blieb und inzwischen klar ist, dass Authentizität längst nicht bedeutet, dass Kunden und Mitarbeiter aus jeder Veröffentlichung exakt gleiche Dinge hören, ist inzwischen jedoch klar. Dennoch lauert in der Kommunikationswelt ein Gespenst im Hintergrund, das die PR in den nächsten Jahren grundlegend verändern dürfte und das einen neuen Blick auf die gute alte One-Voice-Policy mit sich bringt – die CSR Kommunikation.

Dabei ist Corporate Social Responsibility (CSR) in vielerlei Hinsicht keineswegs neu. Schon immer waren Unternehmen gut beraten nachhaltig im Sinne von “Ressourcen erhalten”, nachhaltig im Sinne von “langfristig” und verantwortlich gegenüber Mitarbeitern, sozialem Umfeld und Umwelt zu wirtschaften, um genau das zu erreichen, was im Kern der unternehmerischen Arbeit steht, nämlich “nachhaltig” Gewinn erwirtschaften zu können.

Was bedeutet CSR für die Kommunikation?

CSR war nie Ablasshandel zur Beruhigung des Gewissens oder grünes Schickimicki, um Kunden reinzulegen – zumindest, wenn man das Thema verstanden hatte – sondern immer knallhartes unternehmerisches Handeln. Soweit so gut. Aber was bedeutet CSR für die Kommunikation? Da haben wir es mit einem etwas anderen Bild zu tun. Zunächst einmal gibt es kein ganzheitliches Verständnis und auch keine Verantwortungsübernahme ohne Kommunikation. VerANTWORTung

trägt nicht umsonst den Begriff Antwort in sich. Die vierte Säule der Verantwortung ist Kommunikation (neben Ökonomie, Ökologie, Soziales). Wie das auszusehen hat, wurde in den letzten Jahren in zum Teil beeindruckend komplexen und dennoch zielstrebigen Prozessen ausgehandelt. Die Bemühungen der Global Reporting Initiative, kurz GRI, seien hier beispielgebend angeführt.

Mindestmaß an Kreativität, Anschaulichkeit und Regelmäßigkeit
Herausgekommen sind dabei Anforderungen an die Kommunikation von CSR, die zum Teil um Lichtjahre über das hinausgehen, was normalerweise in der Praxis oder auch der Theorie der vielen Kodizes von PR und Unternehmenskommunikation erwartet wird. Sicher, alle kommunikative Arbeit sollte in gewisser Weise auf Wahrhaftigkeit fußen. Dass es in der PR sehr weit auseinander gehende Definitionen und Auslegungen gibt, was das praktisch bedeutet, dürfte bekannt sein. Was man auch erwarten darf, ist ein Mindestmaß an Kreativität, Anschaulichkeit und Regelmäßigkeit. Beim Stichwort Dialog verlassen wir dann schon so langsam die Sphären der üblichen PR – was aber zugegeben eher an der schlechten Praxis, denn an den Möglichkeiten der PR selbst liegt.

Transparenz ist nicht nur Absendertransparenz

Schaut man sich jedoch die Kriterien für CSR-Kommunikation genauer an, stößt man dann auf Stichworte wie Transparenz – ein Begriff, den der Deutsche Kommunikationskodex allein im Verständnis von Absendertransparenz interpretiert. Freilich ist hier deutlich mehr beabsichtigt. Denn Unternehmen, die über CSR Bericht erstatten, beantworten die Kernfrage des CSR-Managements: „Wie verdienst Du Dein Geld“ entgegen der klassischen Charity und CC-Betrachtung: „Was machst Du mit Deinem verdienten Geld?“.

Welches Mindset liegt zugrunde?

Ähnlich geht es weiter bei Begriffen wir Ausgewogenheit, Vergleichbarkeit,Vollständigkeit, Wesentlichkeit, Beweisbarkeit, Inklusivität etc. etc. Nichts davon findet sich auch nur im Ansatz als Anspruch an die Unternehmens- PR und findet im Wesentlichen dort auch nicht statt. Zu recht, mag man sagen, denn die Konstruktion wünschenswerter Wirklichkeiten (Merten) läßt sich nur sehr begrenzt mit diesen Ansprüchen übereinbringen. Aus diesem Grund ist es auch keine unwesentliche Frage, mit welchem Mindset die Verantwortlichen in einem Unternehmen an das Thema herangehen.

Das mag alles kein Problem gewesen sein, solange CSR und CSR- Kommunikation ein Nischendasein fristeten. Nun drängt das Thema aber durch politischen Druck und massive Unternehmensinitiativen in den Mainstream. Wenn Unternehmen wie Aldi und Lidl das Thema in die Endkundenkommunikation einbauen, wird es Zeit zu fragen, was das für die Zukunft der Kommunikation bedeutet.

Zwei Kommunikationswelten

Wie wahrscheinlich ist es, dass zwei, so unterschiedliche Kommunikationswelten nebeneinander existieren werden, ohne dass eine die andere verändert? Und wie wahrscheinlich ist es, dass die PR die CSR- Kommunikation verändert? Es dürfte nur wenigen Kunden und Mitarbeitern einleuchten, dass in der Nachhaltigkeitskommunikation der Anspruch auf Transparenz, Vergleichbarkeit und Wesentlichkeit zu einer offeneren und glaubwürdigeren Kommunikation führt, dies aber beispielsweise für die Produkt-PR nicht gelten sollte.

Ist CSR die bessere PR?

CSR Kommunikation ist in vielen Aspekten die bessere PR und sie wird diese von innen heraus verändern und von Unternehmen eine völlig neue Kommunikationskultur mit anderen Konzepten und einer anderen Denkweise verlangen. Eine Denkweise, die man bisher nur sehr selten trifft. Die Zeit zur Veränderung hat begonnen.

Was meint Ihr? Schreibt mir gern eure Kommentare (über das Kontaktformular). Ich poste diese dann gern hier ein.

Kommentare

Originalkommentar aus dem Jahr 2015 von Wolfgang Griepentrog:

Das sind wichtige Gedanken! Gut gemachte CSR-Kommunikation kann zweifellos den Kommunikationsauftritt insgesamt beflügeln, schon allein weil CSR-Themen naturgemäß gut kommunizierbar sind. In der CSR- Kommunikation ebenso wie im CSR-Management hat sich in den letzten Jahren viel getan. Das ist anzuerkennen. Teils kann man das positiv als Professionalisierungsschub erleben, teils aber auch als mittlerweile fragwürdigen „Hype“.

Dass „CSR Kommunikation die bessere PR“ ist oder sein kann, bezweifele ich jedoch. Und es ist auch fraglich, ob das gut wäre. PR ist per se immer auch ein Stück CSR-Kommunikation, wenn sie einem ganzheitlichen Verständnis folgt (was in der PR-Realität durchaus nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden kann). Die Reduzierung der PR auf die CSR-Kommunikation wäre aber gefährlich. Vielmehr sollten wir zwei Themen getrennt bewerten, die in diesem Beitrag verwoben sind:

– Die gewachsene öffentliche und unternehmenspolitische Bedeutung und – daraus folgend – die Professionalisierung von CSR-Management und CSR-Kommunikation
– Der Qualitätsanspruch und die geringe Innovationskraft PR

Einige Gegenargumente:

1) Warum gibt es gute CSR-Kommunikation, wie im Beitrag beschrieben? Nicht weil dort die besseren PR-Leute sitzen (das ist wirklich leicht widerlegbar), sondern weil CSR „dankbare“ Themen liefert und die PR interessant macht, weil die Stakeholder zunehmend CSR-Themen erwarten (un den Erwartungen der Kunden und Stakeholder kann sich kein Unternehmen auf Dauer entziehen), weil CSR (bisher jedenfalls) Profil und Differenzierung im Wettbewerb unterstreicht und weil die Standards der Geschäftsberichtserstattung sonst immaterielle Wertschöpfung nicht abbilden. Der Kanal ist also notwendig. Kein Wunder also, dass so viele Unternehmen ihre CSR-Kommunikation „entdeckt“ haben.

2) Ich möchte außerdem Wasser in den Wein gießen: Entscheidend ist aus meiner persönlichen Sicht nicht die Kommunikation, sondern die tatsächliche CSR-Performance . Nachdem die meisten Unternehmen eine gewissen Standard erreicht haben, ist die Dynamik in den letzten Jahren erkennbar abgeflacht – ungeachtet der professionalisierten Kommunikation. Viele Unternehmen können nicht überzeugend die Frage beantworten: „Wie geht es auf hohem Niveau weiter mit der CSR/Nachhaltigkeit bzw. wie entwicklen wir uns weiter und steigern die CSR-Performance ?“ Da sollten wir sehr kritisch sein.

3) PR kann selbstverständlich nicht auf CSR reduziert werden. Das wäre eine Qualitätsminderung für alle Beteiligten. PR hat einen vielfältigen Auftrag und die CSR-Kommunikati on ist nur ein Teil – oder besser gesagt: eine Dimension – davon. Es sind auch nicht wirklich “zwei Kommunikationsw elten”, wie es im Beitrag heißt, sondern eine PR-Welt, allenfalls mit einem starken Themenfokus auf CSR.

Im Kommunikationskodex geht es um die Qualität der Kommunikation. Hier sollte wir anknüpfen. Leider sprechen wir in der Branche zuwenig über Qualitätsansprüche und Weiterentwicklung der. Auch der Kommunikationskodex selbst ist in der Branchendiskussion weitgehend tot. Ziel muss es aber sein – und da schauen alle Augen auf Norbert Minwegen – den Dialog zu beflügeln und die Chancen sowie den Wertbeitrag guter PR zu thematisieren. Schließlich gibt es auch viele Unternehmen mit sehr guter innovativer, transparenter, verantwortungsbewusster PR. Es gibt also keinen Grund, sich hinter der CSR-Kommunikation zu verstecken.

Fazit: Ein schöner Beitrag, eine spannende Diskussion. Ich hoffe, dass viele den Ball aufnehmen! Vor allem hoffe ich, dass sich die PR nie von der CSR vereinnahmen lässt.